Stein am Kölner Rheinufer erinnert an ein Verbrechen vor 250 Jahren
Von: Markus Peters, ddp
13. März 2008, 07:30 Uhr
Köln. Der Winter des Jahres 1758 war lang und kalt. So dauerte es bis Mitte März, ehe das Eis im Rhein bei Köln die Leiche eines Mordopfers freigab.
Johann Stemmeler, der Sohn des Brühler Bürgermeisters, wurde nur 21 Jahre alt. Noch 250 Jahre später erinnert ein Gedenkstein nahe dem Rheinufer im Kölner Süden an das brutale Verbrechen, dessen mutmaßliche Täter zwar bekannt sind, aber nie überführt wurden. Und bis heute schmücken Unbekannte den Gedenkstein regelmäßig mit Blumen.
Die Akten zu diesem Fall sind noch im nordrhein-westfälischen Staatsarchiv in Düsseldorf nachzulesen. Sie belegen, wie solide die Polizei damals bereits ermittelte - und wie knapp sie die beiden mutmaßlichen Mörder verpasste.
Bei den Tatverdächtigen handelt es sich um Anton Dominik und seinen Bruder Johann Georg. Offenbar an Lichtmess, dem 2. Februar 1758, kommt es in Brühl zu einem Streit zwischen Johann Stemmeler sowie dem 28-jährigen Anton Dominik und dessen zehn Jahre jüngeren Bruder. Bei dieser Auseinandersetzung behält Stemmeler die Oberhand, er schlägt Anton Dominik nieder. Vier Tage später verschwindet der junge Mann spurlos. Als die Brühler Obrigkeit weitere vier Tage später die Dominik-Brüder zur Rede stellen will, sind diese bereits untergetaucht. Tatsächlich gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass sie je wieder im südlichen Rheinland aufgetaucht sind.
Was zum folgenschweren Streit führte, verschweigen die historischen Quellen. Womöglich war es Streit um Geld, eine Frau oder auch eine Auseinandersetzung nach reichlichem Alkoholkonsum.
Jedenfalls wird sechs Wochen später, am 18. März 1758, in der Nähe des Dorfes Sürth der Tote zwischen den Eisschollen im Rhein entdeckt. Die Täter hatten ihm sein eigenes Hemd über den Kopf gezogen und dann zusammengebunden. Die Leiche weist Messerstiche an Kopf und Körper auf. In den Dörfern am Rhein hatte sich längst herumgesprochen, dass der Sohn des Brühler Bürgermeisters vermisst wird. Für Jacob Stemmeler wird der Leichenfund zur traurigen Gewissheit. Er identifiziert den Ermordeten als seinen Sohn Johann.
Die Tat sorgte nicht zuletzt wegen der Prominenz des Opfers für Aufsehen. Als Bürgermeister und Brühler Stadtmüller genoss Jacob Stemmeler beträchtliches Ansehen. Auch die Tatverdächtigen, Söhne einer gestandenen Gastwirtsfamilie, waren wohl bekannt.
Der Gedenkstein für das Mordopfer ist gepflegt und wird von Gestrüpp freigehalten. Die Inschrift „Anno 1758 den 6ten February wurde Ioan Stemmeler von Bruehl ermordet, RIP” wurde vor Jahren sorgfältig bearbeitet, die Buchstaben nachgemalt.
Weshalb der Stein ausgerechnet nahe der Ufer-Promenade gesetzt wurde, kann nicht mehr ermittelt werden. Tatsächlich lag der eigentliche Leichenfundort vermutlich etliche Kilometer weiter südlich. Für die Theorie, dass der Gedenkstein das Grab des unglücklichen Mordopfers markiert, gibt es wenig Anhaltspunkte. Anhand der historischen Unterlagen scheint festzustehen, dass das Mordopfer bereits einen Tag nach seiner Entdeckung auf dem Friedhof an der Brühler Kirche St. Margareta beigesetzt wurde. Dieser Friedhof existiert heute nicht mehr.
Heute dient das Gedenkkreuz mitunter als Fixpunkt für sommerliche Nachtwanderungen von benachbarten Campingplätzen. Da wird unbedarften Besuchern auch erzählt, dass die unglückliche Seele des ermordeten Müllersohns rastlos durch die Rheinaue zieht. Auch diente das Verbrechen als Grundlage für den vor zwei Jahren erschienenen historischen Kriminalroman „Falkenlust” (Emons Verlag), den die Historikerin Petra Reategui in Brühl angesiedelt hat.
En:
Stone on the Cologne Rhine shore reminds of a crime 250 years ago
By Markus Peters, ddp
13. März 2008, 07:30 Uhr
Cologne: The winter of 1758 was long and cold. Thus it lasted till mid March, before the ice released the corpse of a murder victim in the Rhine near Cologne.
"Johann Stemmeler, the son of the Brühler mayor, was only 21 years old when he was murdered at this place. A commemorative cross near the Rhine shore reminds of the crude crime.
The documents to this case are still to be read up in the North Rhine-Westphalian state archive in Dusseldorf. They prove how solidly the police already investigated at that time and how scarcely it missed two supposed murderers.
On the 2nd of February, 1758, it comes to a quarrel between Johann Stemmeler as well as 28-year-old Anton Dominik and his ten year younger brother. Stemmeler knocks down Anton Dominik. Four days later the young man disappears without a trace. When the authority of Brühl wanted to interrogate the Dominik brothers, these had already disappeared. There are no clues for the fact that they have ever appeared again in the area.
On the 18th of March, 1758 the dead person was discovered near the village Sürth between the floes in the Rhine. The culprits had pulled his own shirt over the head and had tied it together. The corpse showed stabs in head and body. In the villages on the Rhine it was well known that the son of the mayor of Brühl was missed. For Jacob Stemmeler the finding of the corpse becomes the sad certainty. He identifies the victim as his son Johann.
The crime caused big sensation because of the celebrity of the victim. As a mayor and town miller Jacob Stemmeler enjoyed substantial respect. The suspects, sons of a confessed innkeeper's family, were also well known.
What led to the serious quarrel, does not arise from historical springs. Possibly it was a quarrel around money, a woman or also a discussion after plentiful consumption of alcohol."