DE: Text des deutschen Wikipedia-Eintrages "Wikingturm" vom 22. September 2021:
Wikingturm
Der Wikingturm ist ein markantes Wohnhochhaus in der schleswig-holsteinischen Stadt Schleswig. Das achteckige Gebäude hat eine Gesamthöhe von 90 Metern verteilt auf 29 Geschosse. Im Gebäude befinden sich 241 Apartments. Durch seine charakteristische Architektur bestehend aus einem schmalen Unterbau und einen ebenso beschaffenen oberen Bereich in den obersten drei Etagen besitzt das Bauwerk einen hohen Wiedererkennungswert. Errichtet wurde der Wikingturm im Stadtteil Friedrichsberg im Bereich einer Marina in der Schlei, ca. 500 Meter südöstlich von Schloss Gottorf. Im 26. Obergeschoss befindet sich ein Restaurant.
Baugeschichte
Geplant war der Turm als "Bauvorhaben Alter Garten", benannt nach der benachbarten Straße und dem dortigen Wohngebiet, wurde allerdings später in "Wiking Projekt" umbenannt. Im Rahmen eines Architektenwettbewerbes empfahl der Gutachterausschuss das Konzept der Architekten Hermann Weidling und Erhart Kettner aus Kiel, das einen 47 Meter hohen Hotelturm sowie drei Türme unterschiedlicher Höhe vorsah. Die Ratsversammlung der Stadt entschied jedoch zu Gunsten des Entwurfes des Sylter Architekten und Investors Horst-Günther Hisam. Demnach sollte ein einziger, hoher Turm mit angeschlossenem Freizeit- und Sportzentrum errichtet werden. Die Pläne lösten heftige Proteste der Bevölkerung aus, die den Turm als viel zu monumental ansah und die Meinung vertrat, dass dieser das harmonische Stadtbild zerstören würde. Die Demonstrationen hielten teilweise auch noch während der Bauphase an.
Im April 1970 begannen östlich der Wohnsiedlung Alter Garten auf einer kleinen eigens dafür nach Schleswig geschifften Bohrplattform die Bohrungen für die Gründung des Turms. Dazu trieb man bis zu 30 Meter lange Pfähle in den Schlick des Schleigrundes. Helmut Lemke, der Ministerpräsident des Landes, befand das Projekt im gleichen Jahr bei einem Besuch der Baustelle als "wirtschaftlich vernünftig, Idee gut, ästhetisch noch zu prüfen". Da die Baugrube 1,9 Meter tief war und somit 1,2 Meter unter Normalnull lag, war es erforderlich, den Grundwasserspiegel um bis zu zwei Meter abzusenken. Hisam plante, die Konstruktion als Prestigeprojekt bis zu den Olympischen Sommerspielen 1972 abschließen zu können, deren Segelwettbewerbe in Kiel stattfanden und das Freizeit- und Sportzentrum als "Port Wiking" zu betreiben. Tatsächlich gelang es, bis zum April 1972 den Kern des Turmes hochzuziehen und am 10. August – knapp zwei Wochen vor der Eröffnung des Sportereignisses – konnte vor 1.000 Gästen Richtfest gefeiert werden. Anschließend verzögerte sich der Bau allerdings, sodass das Hochhaus erst im April 1973 fertiggestellt wurde; der Bau der anderen Gebäude lag noch weiter hinter dem Plan zurück. Erst Anfang 1974 sollte der Komplex als Hotel mit 100 Betten und einer Schwimm- und Tennishalle eröffnet werden.
Dazu kam es jedoch nicht, da eine überraschende Zahlungsunfähigkeit Horst-Günther Hisam zu einer Bauunterbrechung im Juli 1973 führte. Die Landesregierung bewertete diesen Rückschlag als „unternehmerische Fehlleistung“. Während die Zeitungen den Wikingturm als "teuerste Bauruine Norddeutschlands" beschrieben und das 40 Millionen Deutsche Mark teure Projekt zu scheitern drohte, besuchte Ministerpräsident Gerhard Stoltenberg mit den Politikern Heinz Bartheidel, Egon Schübeler und Otto von Wahl die Baustelle. Ab April 1976 bestand keine Möglichkeit mehr für eine außergerichtliche Einigung und es drohte eine Zwangsversteigerung des Turmes. Allein dessen Schuldenlast lag bei 32 Millionen D-Mark und im Zuge der Versteigerung gingen sowohl das Hochhaus als auch das Freizeitzentrum an die Landesbank Schleswig-Holstein über.
1977 plante die Stadtverwaltung, im Obergeschoss das städtische "Haus des Gartens" einzurichten, von der Idee eines Hotels war man inzwischen abgewichen. Am 1. November gleichen Jahres bezogen die ersten Bewohner ihre Apartments. Der Wikingturm blieb auch später ein bauliches Problem für Schleswig. Wirtschaftliche Krisen und ein Preisverfall machten sich bemerkbar und die Wohnungen verkauften sich nur sehr schlecht. Teilweise zogen auch Angehörige undurchsichtiger, möglicherweise auch kriminalitätsnaher Milieus ein, was die Abneigung der Schleswiger gegen das Gebäude noch verschärfte. Mittlerweile sind sämtliche Wohnungen renoviert und auch nahezu jeder andere Bereich des Turmes ist grundüberholt worden.
Sanierung
Das Areal am Wikingturm ist mit Giftstoffen belastet.[1] Über 6.000 Quadratmeter Erdboden und etwa 3.400 Quadratmeter Wasserfläche westlich vom Wikingturm gelten als kontaminiert. Ursache sind die Hinterlassenschaften einer ehemaligen Teerpappenfabrik. Die Sanierungskosten wurden zuletzt auf über 14 Millionen Euro geschätzt. Da das Land Schleswig-Holstein die Eigentumsverhältnisse neu bestimmen ließ, einigten sich Bund, Land und die Stadt Schleswig erst nach jahrelanger Diskussion im Oktober 2020 auf die Aufteilung der Kosten.[2]
Verwendung im Film
Der Wikingturm ist mehrfach im Spielfilm Arschkalt als Wohnort der Hauptfigur zu sehen. In der ZDF-Fernsehreihe Unter anderen Umständen wird der Wikingturm sowohl im Vorspann als auch in verschiedenen Folgen als Handlungs-/Drehort genutzt.
Verwendung in der Literatur
Joachim Meyerhoff: Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war, Verlag: Kiepenheuer&Witsch, ISBN 978-3462045161, S. 38f.
Einzelnachweise
1. Verseuchtes Wikingeck Schleswig: Kreis macht Druck ndr.de, 26. August 2020, abgerufen am 14. Oktober 2020.
2. Sanierung Wikingeck Schleswig kann beginnen ndr.de, 12. Oktober 2020.
Weblinks
- Eintrag über Wikingturm bei Emporis
- Bilder vom Turmbau
EN: Text of the German Wikipedia entry "Wikingturm" from September 22nd, 2021:
Wikingturm
The Wikingturm is a striking residential high-rise in the Schleswig-Holstein city of Schleswig. The octagonal building has a total height of 90 meters spread over 29 floors. There are 241 apartments in the building. Due to its characteristic architecture consisting of a narrow substructure and an upper area of ??the same design on the top three floors, the building has a high recognition value. The Wikingturm was built in the Friedrichsberg district in the area of ??a marina in the Schlei, approx. 500 meters south-east of Gottorf Castle. There is a restaurant on the 26th floor.
Building history
The tower was planned as an “Alter Garten building project”, named after the neighboring street and the residential area there, but was later renamed the “Wiking Project”. As part of an architectural competition, the expert committee recommended the concept by the architects Hermann Weidling and Erhart Kettner from Kiel, which envisaged a 47 meter high hotel tower and three towers of different heights. However, the city council decided in favor of the design by the Sylt architect and investor Horst-Günther Hisam. Accordingly, a single, high tower with an adjoining leisure and sports center was to be built. The plans sparked violent protests from the population, who viewed the tower as too monumental and believed that it would destroy the harmonious cityscape. Some of the demonstrations continued during the construction phase.
In April 1970, the drilling for the foundation of the tower began east of the Alter Garten housing estate on a small drilling platform specially shipped to Schleswig. To do this, piles up to 30 meters long were driven into the silt of the Schleigrund ground. During a visit to the construction site in the same year, Helmut Lemke, the state's prime minister, found the project to be “economically sensible, good idea, aesthetically still to be examined”. Since the excavation pit was 1.9 meters deep and thus 1.2 meters below sea level, it was necessary to lower the water table by up to two meters. Hisam planned to be able to complete the construction as a prestige project by the 1972 Summer Olympics, whose sailing competitions were held in Kiel and to operate the leisure and sports center as "Port Wiking". In fact, it was possible to pull up the core of the tower by April 1972 and on August 10 - almost two weeks before the opening of the sporting event - the topping-out ceremony was celebrated in front of 1,000 guests. Subsequently, however, the construction was delayed, so that the high-rise was not completed until April 1973; the construction of the other buildings was even further behind plan. The complex was not due to open as a hotel with 100 beds and a swimming and tennis hall until the beginning of 1974.
However, this did not happen because Horst-Günther Hisam's surprising insolvency led to construction being interrupted in July 1973. The state government assessed this setback as an “entrepreneurial failure”. While the newspapers described the Wikingturm as “the most expensive ruin in northern Germany” and the 40 million German mark project threatened to fail, Prime Minister Gerhard Stoltenberg visited the construction site with politicians Heinz Bartheidel, Egon Schübeler and Otto von Wahl. From April 1976 there was no longer any possibility of an out-of-court settlement and the tower was threatened with foreclosure. Its debt burden alone was 32 million Deutschmarks and in the course of the auction, both the high-rise building and the leisure center were transferred to the Landesbank Schleswig-Holstein.
In 1977 the city administration planned to set up the municipal "House of the Garden" on the upper floor, but the idea of ??a hotel had meanwhile been deviated from. The first residents moved into their apartments on November 1st of the same year. The Wikingturm later remained a structural problem for Schleswig. Economic crises and a drop in prices made themselves felt and the apartments were selling very poorly. In some cases, relatives of more opaque, possibly crime-related milieus also moved in, which made the people of Schleswig even more averse to the building. All apartments have now been renovated and almost every other area of ??the tower has been completely overhauled.
Renovation
The area at the Wikingturm is contaminated with toxins.[1] Over 6,000 square meters of soil and around 3,400 square meters of water west of the Wikingturm are considered contaminated. The cause is the legacy of a former tar card factory. The renovation costs were recently estimated at over 14 million euros. Since the state of Schleswig-Holstein had the ownership structure redefined, the federal, state and city of Schleswig only agreed on the allocation of costs in October 2020 after years of discussion.[2]
Use in the film
The Wikingturm can be seen several times in the film Arschkalt as the main character's place of residence. In the ZDF television series Under Other Circumstances, the Wikingturm is used both in the opening credits and in various episodes as a plot / film location.
Use in literature
Joachim Meyerhoff: When will it finally be like it never was again, Publisher: Kiepenheuer & Witsch, ISBN 978-3462045161, p. 38f.
Individual evidence
1. Contaminated Wikingeck Schleswig: District makes pressure ndr.de, August 26, 2020, accessed on October 14, 2020.
2. The renovation of Wikingeck Schleswig can begin ndr.de, October 12, 2020.
Weblinks
- Entry about Wikingturm at Emporis
- pictures of the tower construction