Freskenzyklus St. Jakobus d. Ält. - Urschalling, Lk Rosenheim, Bayern
Posted by: Groundspeak Premium Member lumbricus
N 47° 50.211 E 012° 20.593
33T E 301199 N 5301584
Mittelalterliche Freskenzyklen in der Kirche in Urschaling. --- Medieval frescoes in the church in Urschaling.
Waymark Code: WMCC0K
Location: Bayern, Germany
Date Posted: 08/20/2011
Published By:Groundspeak Premium Member Outspoken1
Views: 9

Entstanden in der Hochblüte der Romanik, als Auftragswerk der Grafen von Falkenstein, Vogte in der Gegend, wurde St. Jakobus d. Ält. in Urschalling zum erstenmal ausgemalt. Das ganze Kircheninnere ist von einem Bilderzyklus bedeckt, der bereits 1500 übertüncht wurde, da er den Menschen der Gotik zu primitiv erschien. Zum Ende des 14. Jhds. entstand ein Zyklus, der vollständig erhalten, uns die Heilsgeschichte vor Augen führt. Über die Person des Malers, eines lokalen Meisters, ist nichts bekannt. Der Wert der Fresken liegt in ihrer Vollständigkeit und zeitbedingten großen Form. Die Einrichtung ist betont schlicht und beschränkt sich auf wenige Statuen und eine Orgel.

Die ganze Kirche mit alleiniger Ausnahme des Westjochs (ehemailger Wehrturm) ist mit zwei übereinanderliegenden, mittelalterlichen Freskenzyklen ausgemalt. Der jüngere Zyklus ist vollständig freigelegt, vom älteren, der sich lediglich auf Apsis und Ostjoch (Chor) erstreckt, nur kleine Einzelheiten.

1. Älterer Freskenzyklus. Aus der Erbauungszeit der Kirche um 1200. Freigelegt ist: An der Nordwand des Ostjochs (Chor), ganz unten, eine Darstellung des Sündenfalls; Adam und Eva unter dem streng symbolhaft stlisierten Baum der Erkenntnis, darüber ein Zackenfries. - Gegenüber an der Südwand ist ein kleines Stück eines Freskos sichtbar, dessen Darstellung nicht erkennbar ist, ferner in der Apsis ein kleines Stück mit einem Vorhanhsockel.

Diese romanische Malerei zeigt eine äußerst knappe, symbolhafte Formensprache, die sich auf schlichte Linienzeichnung und einfache Flächenkolorierung beschränkt. Als Farben sind verwendet ein tiefes Rostrot, Ockergelb, Grau (=Blau) und etwas Grün. Durch ihren einfachen, linearen Charakter erinnern die Fresken weit mehr an gleichzeitige Buchmalerei als etwa an die nur wenig älteren Wandgemälde im Münster Frauenchiemsee, die ganz von der malerischen Kultur von Byzanz abhängen und künstlerisch auf weit höherer Stufe stehen.

2. Jüngerer Freskenzyklus. Einheitliche Arbeit aus dem Ende des 14. Jahrhunderts, entstanden etwa 1380/95 als Stiftung des Ritters Wolfgang von Aschau auf Hirnsberg und Wildenwart, des damaligen Schutzvogts (weltlichen Patrons) der Kirche.

Alle Wand- und Gewölbeflächen sind durch breite, schabloniert gemusterte Bänder (als Schablonen sind verwendet Kreuz-, Vierpaß- und Maßwerkmuster sowie fortlaufend "ave maria" in Minuskelschrift) in streng angeordnete Zonenfelder eingeteilt, an den Wänden meist in horizontale Bildstreifen übereinander. Dazwischen finden sich loser eingefügte Einzelbilder und auch eine freie Einteilung, wie es die Darstellungen und die Gegebenheiten der Fläche erforderten. Dem Zyklus liegt ein festgefügtes religiöses Programm zugrunde. Wie eine mittelalterliche "biblia pauperum" führt er die Heilsgeschichte sinnfällig vor Augen.

Die Malereien in der Apsis stellen in der Symbolik des hohen Mittelalters (Wiederholung der ursprünglichen Darstellungen um 1200) das ewige Gottesreich dar. Am halbkuppeligen Gewölbe in der Mitte Christus in der Mandorla als Weltenherrscher und Weltenrichter, umgeben von den vier Evangelistensymbolen mit Spruchbändern, auf denen die Anfangsworte der Evangelisten in Minuskelschrift stehen. Darunter an der Apsiswand unter einem Rundbogenfries zehn thronende Apostel mit ihren Attributen. Als Sockel ein gemalter Wandvorhang. In der Laibung des Apsisfensters wie auch der Fenster im Ostjoch rote, schablonierte gemalte Rosen. - Am Apsisbogen seitlich die zwei restlichen Apostel und zwei heilige Frauen (nördlich Magdalena) in Halbfigur; darüber in der Gewölbezone Vierpaßmedaillons mit den Halbfiguren der klugen und törichten Jungfrauen (Matth. 25) als Gleichnis auf die Erwartung der Wiederkunft Jesu und die Bereitschaft der Seele auf Gericht und Ewigkeit.

Die Fresken des Ostjochs (Presbyterium) beziehen sich hauptsächlich auf das Geheimnis der Menschwerdung Christi, doch sind dazwischen auch lokale Kirchenpatrone und auf das Meßopfer bezügliche Darstellungen eingefügt. - An der Südwand. Oben: Verkündigung Mariä; der Engel hält ein Spruchband mit den Worten "ave maria gracia plena dns tecu" (= dominus tecum), im Scheitel erscheint der den hl. Geist aussendende Gottvater; die Darstellung Mariä ist durch den spätgotischen Fensterausbruch zerstört. Im Mittelstreifen: Mehrere Heilige nebeneinander, von links Erzengel Michael als Seelenwäger, Antonius Eremita, Nikolaus, Katharina, thronende Maria mit dem Jesuskind und hl. Barbara (die letzteren, Hauptpatroninnen der Pfarrkirche Prien, sind wie die Figurengruppe eines Altarschreins zusammenkomponiert; vgl. auch die jetzigen Altarfiguren in Urschalling). Unterer Streifen: Links verschiedene Meßgeräte (Hostienbüchse, Kelch, Meßbuch, Glocke und Leuchter), rechts der reitende hl. Georg als Drachentöter (Ritterpatron), durch Einbruch der Sakristeitür (1852) stark beschädigt. - An der Nordwand. Oben: Links hl. Stephanus und Laurentius, im Scheitel über dem Fenster Schweißtuch, rechts thronende Muttergottes (?), durch spätgotischen Fensterausbruch fast vollständig zerstört. Mittlerer Streifen: Anbetung der hl. drei Könige, mit zwei Knappen, von denen einer als Reitknecht gegeben ist; daneben, etwas tiefer angebracht, zwei sitzende Heilige, St. Paulus und hl. Bischof mit Monstranz (Norbertus?). Unterer Streifen: Sündenfall, um 1200, siehe oben. (Dieses Fresko war, entsprechend der Übermalung des ganzen romanischen Zyklus, durch eine Darstellung des Sündenfalls von ca. 1380/95 verdeckt, doch wurde hier die spätere Malerei entfernt). - Am Gewölbe. Alttestamentliche Gestalten als Propheten der Menschwerdung des Gottessohnes: Abraham und die hlst. Dreifaltigkeit; ikonographisch bemerkenswerte Trinitätsdarstellung: ein Leib mit drei Häuptern), Moses und Maria mit dem Kinde in Flammenglorie (Spruchband "rubum quam viderit moyse"; der brennende Dornbusch, aus dem Gott zu Moses sprach und der von den Flammen nicht verzehrt wurde, galt dem Mittelater als Offenbarung der unversehrten Jungfäulichkeit der Gottesmutter), David und Salomon (als die königlichen Vorfahren Jesu), und zwei den letzteren zugeordneten Engel mit Rauchfaß und Zepter als Abzeichen ihrer priesterköniglichen Würde. - Am Wandpfeiler zwischen Ost- und Mitteljoch (Chorbogen): Hl. Oswald und hl. Margaretha, beide durch Kappung der Wandpfeiler (1852) beschädigt; darüber am Bogen das Opfer Kains und Abels (als Hinweis auf das Kreuzesopfer und das hl. Meßopfer).
Im Mitteljoch (Laienraum) ist das Leiden und die Auferstehung des Herrn geschildert. An der Südwand zehn Passionsszenen in vier Streifen übereinander: Einzug in Jerusalem, Abendmahl, Ölberg, Gefangennahme, Jesus vor Pilatus, Geißelung, Dornenkrönung, Kreuztragung, Kreuzigung und Grablegung. Auf der Darstellung der Gefangennahme erscheint ein Krieger, dessen Schild ein unbekanntes Wappenbild zeigt (Fisch mit 2/1 Rosen, vielleicht als Wappen der reichen Kumersprucker zu Kundlburg zu deuten). - Gegenüber an der Nordwand. Links, von unten nach oben: Christus in der Vorhölle, Auferstehung und eine durch den spätgotischen Fensterausbruch größtenteils zerstörte Szene (Himmelfahrt Christi oder die drei hl. Frauen am leeren Grabe.) Am Auferstehungsfresko links zwei Krieger, deren Schilde Wappenbilder zeiegn, die nach ihrer Stellung zueinander als Wappen eines Ehepaares zu deuten sind; heraldisch links Schild der Aschauer auf Hirnsberg (= Wolfgang von Aschau, + 1395/97), rechts ein unbekannter Schild (in Gold drei rote Balken). Rechte Wandhälfte: Tod Marienns und der stehende hl. Achatius als jugendlicher Edelmann (Ritterpatron). In der Mitte der Nordwand befindet sich das vermauerte romanische Kirchenportal, in dessen Bogenfeld ein gemaltes Christushaupt. - Am Gewölbe acht Rundfelder mit Halbfiguren weiblicher Heiliger, darunter Ursula, Agnes und Helena. - Am Bogen zum Westjoch einzelne Heilige, Diözesan- und Landespatrone. An der breiten Kehlung zum Mitteljoch oben St. Rupert und Virgil als Patrone der Erzdiözese Salzburg, darunter St. Vitus (hier offenbar als Landespatron von Böhmen gewählt) und hl. Fürst, wohl St. Leopold (Patron von Österreich). - Westlich davon an der Stirnseite des Bogens zum Westjoch (Mauerdurchbruch zum einstigen Wehrturm, durch Kappung 1852 beschädigt): Nördlich hl. Fürst, wohl St. Wenzel (Patron von Böhmen), südlich eine nicht sicher deutbare Darstellung eines am Galgen erhängten Jünglings in Pilger- oder Judentracht (vielleicht auf eine Legende von der Wunderkraft des hl. Jakobus, des Kirchenpatrons, zu beziehen: Ein junger Pilger nach dem Grabe des Apostel auf wunderbare Weise am Leben erhalten und errettet). Darüber am Bogen weiß-blaue Rauten, die auf eine Entstehung der Fresken nach 1378 deuten (Anerkennung der bayerischen Lehenshoheit durch den Stifter).
Die Malerei zeigt das Geprägte der ausgehenden Hochgotik mit ihrer flächen-, fast teppichartigen Wirkung ohne jeden Vorstoß in die Raumtiefe. Im großen und ganzen stehen die Fresken schon dem um 1400 herrschenden "Weichen Stil" nahe, doch wirkt in der dunklen Konturierung und Binnenzeichnung noch stark der herbe Linienstil der ersten Jahrhunderthälfte nach, der zu der flächenhaften Gesamtwirkung beiträgt. Das in seltener Frische erhaltene Kolorit beschränkt sich auf wenige kräftige Erdfarben, ein warmes Rostrot, ein mattes Graublau, Ockergelb, Rosa, Weinrot und etwas Grün; am Gewölbe tritt als Grundfarbe ein eigentümliches Grünbraun hinzu. Besonders hervorzuheben ist die Vollständigkeit und einizigartige Erhaltung der Malerei, die fast nur durch die spätere Vergrößerung der Fenster sowie durch die Kirchenrestaurierung von 1852 (Asubrechung von Türen und Kappung der Wandpfeiler) Schäden erlitt. Bei der Freilegung 1941/42 wurde nicht die geringste Ergänzung oder Retusche angebracht, bis auf die farbliche Einstimmung von Schadstellen.
Selbstverständlich wissen wir nichts über den Schöpfer der Ausmalung. Verwandte Arbeiten im Chiemgau (Gollenshausen, Wetserbuchberg) zeigen, dass er auf jeden Fall dem Salzburger Kunstkreis zuzuzählen ist. Komposition und Farbgebung verweisen auf Zusammenhänge mit der böhmischen Malerschule, die zur Zeit Kaiser Wenzels für Süddeutschland tonangebend war. Dem noch der Welt des hohen Mittelalters entsprechenden, feierlichen Gepräge und macnehn Anklängen an die höfische Kultur der Entstehungszeit stehen aber ausgesprochen volkstümlich-naive Züge gegenüber; besonders fällt die weitgehende Verwendung von Schablonen-mustern selbst als Gewanddekor mancher Figuren auf, wie überhaupt die Malerei im einzelnen einen gewissen handwerklichen Charakter nicht verleugnen kann. Ihr künstlerischer Wert liegt mehr in der zeitbedingten großen Form, der Sicherheit der Raumfüllung und der farbenfrohen Dekorationskraft als der individuellen seelischen Ausgestaltung (Lill). Der Schöpfer des Freskenzyklus dürfte also kein führender Künstler seiner Zeit gewesen sein, sondern ein allerdings sehr tüchtiger Lokalmeister. Im übrigen scheint der Freskenzyklus auch nicht von einer einzigen Hand zu stammen; wie gewisse stilistische Unterschiede innerhalb der Malereien erkennen lassen., hat der Meister mit Gesellen gearbeitet.

(Quelle: Peter von Bomhard: Die Kunstdenkmäler der Stadt und des Landkreises Rosenheim, 1957)

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"The wealth of pictures in St. Jakobus in Urschalling really makes this church unique. Few religious buildings have provided as many surprises as this over the centuries. Created at the height of the Romanesque period, the church’s paintings were originally commissioned by the earls of Falkenstein. The whole interior of the church is covered by a chain of images that were gilded as early as 1500, as the people of the Gothic period believed they were too primitive. At the end of the 14th Century, a chain of images was created that completely tells the story of salvation. Not much is known about the identity of the painter, thought to be a local master, but the value of the frescoes is their completeness and large scale, typical for the period. The church’s furnishings are emphatically minimalist and are limited to a few statues and an organ." (from (visit link) )
City: Urschalling

Location Name: St. Jakobus d. Ält.

Artist: unbekannt-unknown

Date: 1200

Media: Fresken auf Putz

Relevant Web Site: Not listed

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