[DE] "Grenzhaus Bernauer Straße 10a
Vor Ihnen liegen die Reste des Hauses Bernauer Str. 10a, das in den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts errichtet wurde. In seinem Souterrain befanden sich ein Ladengeschäft und eine Wohnung. Archäologen legten 2010/11 seine Grundmauern frei.
Die Bewohner der Grenzhäuser hatten vor dem Mauerbau einen unmittelbaren und unkontrollierten Zugang nach West-Berlin. Sie mussten nur aus der Haustür treten. Denn der Bürgersteig vor ihren Häusern gehörte bereits zu West-Berlin. Nach dem Mauerbau aber war dieser Weg versperrt. Die Haustüren wurden vernagelt oder vermauert und die Hauseingänge auf die Rückseite der Gebäude verlegt. Die Mauer trennte Familien, Freunde und Nachbarn.
In den Wochen nach dem Mauerbau stellte sich für die Bewohner der Grenzhäuser die zentrale Frage: Gehen oder bleiben? Die Grenznähe ihrer Wohnungen boten gute Fluchtmöglichkeiten. Viele entschlossen sich zur Flucht: Sie kletterten aus den Fenstern im Erdgeschoss, seilten sich aus den mittleren Stockwerken ab oder sprangen aus den Fenstern der oberen Stockwerke, manche sogar von den Dächern. Auch ortsfremde Flüchtlinge verschafften sich Zutritt zu den Grenzhäusern und flohen von dort in den Westen. Die West-Berliner Feuerwehr war aus diesem Grund in den ersten Wochen nach dem Mauerbau in der Bernauer Straße stets präsent und leistete mit Sprungtüchern Fluchthilfe. Dennoch stürzten vier Flüchtlinge in den Tod.
Auf die zahlreichen Fluchten reagierte das SED-Regime mit einer Räumung der Grenzhäuser. Bis Oktober 1961 ließ es die Bewohner der Grenzhäuser zwangsweise umsiedeln und die Fenster der leeren Wohnungen vermauern. Das hier freigelegte Grenzhaus Bernauer Str. 10a wurde am 24. September 1961 geräumt und danach vermauert. Wenn Sie vor den Ausstellungspulten stehen, können Sie die Vermauerung mit Hohlblocksteinen in den Fensternischen sehen.
Mitte der 1960er Jahre begann der systematische Abriss der Grenzhäuser. Keller- und Souterrainräume wurden zugeschüttet und blieben – wie auch die Fundamente der Häuser – unter dem Grenzstreifen erhalten. Die Fassaden im Erdgeschoss ließ man zunächst stehen, sie dienten als zusätzliche Mauer. Die eigentliche Grenzmauer verlief hinter den Fassadenresten. Es waren daher diese Fassadenruinen, die das Bild der Bernauer Straße bis 1980 prägten. Dann schließlich wurden sie abgerissen und durch die neue Grenzmauer ersetzt.
Zum Schutz des archäologischen Befundes wurden die Grundmauern mit einer Verschleißschicht aus baugleichen Ziegelsteinen übermauert. Sie können die neuen Ziegelsteine deutlich erkennen. Das einstige Zentrum des Hauses wurde mit einem Schutzdach versehen. Dessen Wand vermittelt auf der Straßenseite einen Eindruck von der Struktur der Fassade.
An den Ausstellungspulten erfahren Sie mehr über die Grenzhäuser in der Bernauer Straße, ihre Bewohner und die Fluchten."
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[EN] "Grenzhaus Bernauer Straße 10a
In front of you lie the remains of the house at Bernauer Str. 10a, built in the eighties of the 19th century. In its basement there was a shop and an apartment. Archaeologists uncovered its foundation walls in 2010/11.
The residents of the border houses had direct and uncontrolled access to West Berlin before the Wall was built. They only had to step out of the front door. The sidewalk in front of their houses already belonged to West Berlin. After the Wall was built, however, this path was blocked. The front doors were nailed up or bricked up and the entrances were moved to the rear of the buildings. The wall separated families, friends and neighbours.
In the weeks after the Wall was built, the central question for the residents of the border houses was: "Go or stay? The proximity of their apartments to the border offered good escape routes. Many decided to flee: they climbed out of the windows on the ground floor, roped down from the middle floors or jumped out of the windows on the upper floors, some even from the roofs. Non-local refugees also gained access to the border houses and fled from there to the West. For this reason, the West Berlin fire brigade was always present in Bernauer Strasse during the first weeks after the Wall was built and provided escape aid with jump sheets. Nevertheless, four refugees fell to their deaths.
The SED regime reacted to the numerous escapes by evacuating the border houses. Until October 1961, it forced the residents of the border houses to resettle and brick the windows of the empty apartments. The border house at Bernauer Str. 10a, uncovered here, was evacuated on 24 September 1961 and then walled up. If you stand in front of the exhibition desks, you can see the brickwork with hollow blocks in the window niches.
The systematic demolition of the border houses began in the mid-1960s. Cellars and basement rooms were filled in and, like the foundations of the houses, remained under the border strip. The facades on the ground floor were initially left standing and served as an additional wall. The actual border wall ran behind the remains of the façade. It was therefore these facade ruins that shaped the image of Bernauer Strasse until 1980. They were then demolished and replaced by the new border wall.
To protect the archaeological findings, the foundation walls were covered with a wearing layer of bricks of identical construction. You can clearly see the new bricks. The former centre of the house was provided with a protective roof. Its wall on the street side gives an impression of the structure of the façade.
At the exhibition desks you can learn more about the border houses in Bernauer Strasse, their inhabitants and the escapes."
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